„Die Jagd als besondere Beziehung zwischen Mensch und Natur“

Text und Foto: JGV Rhön-Vogelsberg / Miriam Rommel

Hubertusmesse der JGV Rhön-Vogelsberg mit Jägerschlag

Wer jagt, trägt viel Verantwortung: Darauf machte nicht nur Stadtpfarrer Stefan
Buß, sondern auch Dr. Rudolf Leinweber, Vorsitzender der Jäger- und
Gebrauchshundevereinigung Rhön-Vogelsberg, anlässlich der traditionellen
Hubertusmesse in der vollbesetzten Fuldaer Stadtpfarrkirche St. Blasius
aufmerksam.

„Das Wild ist nicht nur ein Stück Fleisch und auch nicht einfach ein Schädling“, gab Dr.
Leinweber zu Bedenken. Bereits vor dem Schuss müsse ein jeder Jäger seiner
Fürsorgepflicht nachkommen. „Habe ich das richtige Stück vor mir, kann ich es genau
ansprechen? Bin ich da, wenn der Schuss gefallen und das Tier angeschweißt ist?“
Waidgerechtigkeit zeige sich oftmals nämlich genau dann, wenn man eigentlich keine Zeit
habe, wenn es nass, kalt oder dunkel sei. „Wer sich hier aus der Affäre zieht, handelt
nicht tiergerecht.“ Als Jäger müsse man sich auf vielfältige Art beweisen – daran erinnere
auch der Hubertustag.

Stadtpfarrer Stefan Buß, der die Hubertusmesse der JGV Rhön-Vogelsberg bereits in den
letzten Jahren leitete, erklärte, dass die Jagd tief in der Geschichte der Menschheit
verwurzelt ist. „Sie war einst überlebenswichtig, doch heute ist sie weit mehr als das: Sie
ist Ausdruck einer besonderen Beziehung zwischen Mensch und Natur. Und genau diese
Beziehung fordert Verantwortung, Achtung und Dankbarkeit.“
Der heilige Hubertus, dessen Namenstag nun gefeiert werde, sei ein besonderes Beispiel
für diese Verantwortung.

Die Legende des Hubertus

Die Ansprache im Wortlaut: „Hubertus (um 655-727) war ein Sohn des Herzogs Bertrand
von Toulouse. Nachdem seine Frau Floribana im Kindbett gestorben war, stürzte Hubertus
sich in weltliche Vergnügungen, um seinen Schmerz zu vergessen. Als er an einem
Karfreitag jagte, erschien ihm ein Hirsch mit einem goldenen Kreuz zwischen dem
Geweih und er sprach: „Warum läufst du mir nach? Ich bin in dem Geweih des Hirsches,
ich bin es, den du verfolgst!“ Tief betroffen suchte Hubertus den Bischof Lambert auf und
reiste dann nach Rom zu Papst Sergius I., welcher in einer Vision vom Tod des Bischofs
unterrichtet und angewiesen wurde, Hubertus zu dessen Nachfolger zu weihen. Als
Bischof von Tongern und Maastricht verlegte Hubertus im Jahr 716 seinen Sitz nach
Lüttich, wo er 727 starb.

Er war, wie viele von Ihnen wissen, selbst ein leidenschaftlicher Jäger, bevor er durch
eine tiefgreifende spirituelle Erfahrung sein Leben änderte. Die Legende erzählt, dass er
auf der Jagd einem Hirsch begegnete, zwischen dessen Geweih ein leuchtendes Kreuz
erschien. Diese Begegnung führte ihn dazu, sein Leben neu auszurichten, seine
Verantwortung gegenüber der Schöpfung anzuerkennen und ein Leben im Dienst Gottes
zu führen.

Der heilige Hubertus erinnert uns daran, dass die Jagd nicht nur ein Handwerk ist,
sondern auch eine Berufung. Sie ist eine Tätigkeit, die von uns verlangt, die Natur zu
achten, die Tiere zu respektieren und die Schöpfung in all ihrer Vielfalt zu bewahren. Als
Jäger stehen Sie in besonderer Weise in einem Spannungsfeld: Einerseits sind Sie
Bewahrer des Gleichgewichts in der Natur, andererseits sind Sie Teil eines Kreislaufs des
Lebens, in dem das Töten eines Tieres eine Rolle spielt.

Doch genau in diesem Spannungsfeld liegt auch Ihre Verantwortung. Die Jagd darf
niemals zur bloßen Freizeitbeschäftigung oder gar zu einem blutigen Sport werden.
Vielmehr muss sie immer in Respekt vor dem Leben geschehen – und in dem Wissen,
dass jedes Lebewesen ein Geschöpf Gottes ist. In der heutigen Zeit, in der Natur immer
mehr bedroht wird und das Gleichgewicht der Schöpfung vielerorts ins Wanken gerät,
kommt Ihnen als Jäger eine wichtige Aufgabe zu: Sie sind Hüter der Natur, Beschützer
von Flora und Fauna, und damit auch Diener Gottes.

Im ersten Buch Mose lesen wir, wie Gott dem Menschen die Erde anvertraut: „Seid
fruchtbar und vermehrt euch, füllt die Erde und macht sie euch untertan, herrscht über
die Fische des Meeres und über die Vögel des Himmels und über alles Lebendige, das
sich auf der Erde regt.“ (Gen 1,28). Doch „herrschen“ bedeutet hier nicht Ausbeutung
und Zerstörung, sondern Sorge tragen und Verantwortung übernehmen. Der Mensch ist
nicht der absolute Herrscher über die Natur, sondern vielmehr ein Verwalter, der für das
Wohl der gesamten Schöpfung Sorge zu tragen hat.

Die Hubertusmesse bietet uns allen die Möglichkeit, innezuhalten und uns zu fragen: Wie
gehen wir mit der uns anvertrauten Schöpfung um? Handeln wir wirklich in ihrem Sinne?
Achten wir das Leben, das uns umgibt, mit der gebotenen Ehrfurcht? Die Jagd gibt uns
die Gelegenheit, diese Fragen ganz konkret zu beantworten. Sie fordert uns auf, in
Einklang mit der Natur zu handeln, nicht gegen sie.

Der heilige Hubertus zeigt uns, dass die Jagd – wie so vieles im Leben – eine Frage der
inneren Haltung ist. Er erkannte, dass wahre Größe nicht im Beherrschen der Natur liegt,
sondern in der Demut vor ihr. Diese Demut brauchen wir heute mehr denn je. Sie ist es,
die uns daran erinnert, dass die Schöpfung ein Geschenk Gottes ist, das wir pflegen und
bewahren müssen – für uns und für kommende Generationen“, so der Stadtpfarrer
abschließend.

Im Anschluss an die Messe konnte die JGV Rhön-Vogelsberg zehn neue Jungjäger mit
dem Jägerschlag in ihre Reihen aufnehmen.

Text und Foto: JGV Rhön-Vogelsberg / Miriam Rommel