
Von den Anfängen und der weiteren Entwicklung der Rotwild-Hegegemeinschaft und des Rotwildgebietes “Gieseler Forst”
Nach dem zweiten Weltkrieg erhielten die Jäger in der Bundesrepublik im Jahre 1950 die Jagdhoheit zurück. Erwerb und Besitz von Jagdwaffen war wieder möglich, wenn auch bestimmte Beschränkungen (Gesetz der Alliierten Hohen Kommission) weiterhin bestehen blieben. Die Zuständigkeit für das Forst- und Jagdwesen ging vom Reich wieder auf die Bundesländer über.
Im Staatswald des Landes Hessen war weiterhin ein beträchtlicher Anteil des Abschusses (zunächst 50% des männlichen Schalenwildes) für die Angehörigen der amerikanischen Streitkräfte vorbehalten.
Die jagdrechtlichen Verhältnisse in der Bundesrepublik wurden durch das Bundesjagdgesetz vom 29.11.1952 (in Kraft zum 1.4.1953) als Rahmengesetz geordnet und damit das Reichsjagdgesetz von 1934 abgelöst. In Hessen wurde dieser Rahmen durch das Ausführungsgesetz (HAG) zum Bundesjagdgesetz vom 24.3.1953 und die Durchführungsverordnung (DVO) vom 8.4.1953 ausgefüllt.
Bereits am 7.5.1952 wurde in Fulda ein Rotwild-Hegering unter Vorsitz von Landrat Georg Stieler und unter Einbeziehung der staatlichen Forstämter Fulda-Süd (Fmstr. Lappe), Großenlüder (FAm. Simshäuser) und Neuhof-West (Fmstr. Heffter) gegründet und eine Satzung erarbeitet.
Mit Rundverfügungen vom 15.5.1953 und 7.7.1953 des Regierungspräsidenten (RP) in Kassel wurden im Regierungsbezirk 9 Rotwild-Gebiete – darunter “Gieseler Forst” – ausgewiesen und vorläufig abgegrenzt. Zusätzlich wurden vom RP zusammen mit der Forstabteilung, dem Jagdbeirat und dem Jagdberater allgemeine Richtlinien ausgearbeitet, die sich mit der Bestandsermittlung (Wildzählung) und der Abschussfestsetzung befassten.
Mit Erlass vom 25.4.1955 regte das Fachministerium eine gemeinsame Bewirtschaftung der Rotwildgebiete “Vogelsberg” und “Gieseler Forst” an, da zwischen den beiden Rotwildgebieten ein ständiges Hin- und Herwechseln des Wildes bestehe und da im Interesse einer Abstellung des Wildschadens einerseits und einer rationellen und großräumigen Bewirtschaftung andererseits eine andere Regelung als seither angezeigt sei. In einer mit diesem Erlass einberufenen Besprechung zwischen den oberen Jagdbehörden und den Forstabteilungen der RPs Kassel und Darmstadt und der Waldgesellschaft der Riedesel lehnte Freiherr von Riesesel die Einbeziehung seiner Waldungen ab.
Mit der Rundverfügung vom 25.10.1956 wurde unter Berücksichtigung der von den unteren Jagdbehörden und den staatlichen Forstmeistern eingereichten Vorschläge und im Einvernehmen mit der Forstabteilung des RP die Abgrenzung des Rotwildgebietes “Gieseler Forst” einschließlich der diesem Gebiet benachbarten Wintereinstände vorgenommen.
Zur Beantwortung einer Landtagsanfrage berichtete der Landrat am 16.8.1965, dass im hiesigen Rotwildgebiet ein Geschlechterverhältnis von 1: 1,36 und eine Wilddichte von 1,38 je 100 ha Wald-/Jagdfläche bestand. Wegen der Gemengelage von Wald und Feld im Westteil sei eine Trennung nach Wald- und Jagdfläche nicht möglich.
Auf Vorschlag des Landrates in Fulda vom 8.8.1968 hatte der RP in Kassel am 3.9.1969 die Eingliederung des Wintereinstandsgebiets in das Rotwildgebiet genehmigt. Der Begriff “Wintereinstandsgebiet” wurde nachfolgend in Hessen nicht mehr verwendet.
Am 4.2.1970 fand auf Einladung des KJB Orlob eine “Wiederbelebungsversammlung” des Hegerings statt, nachdem es nach der Pensionierung des Hegeringleiters OFM R. Heffter über 6 Jahre lang keine Versammlung mehr gegeben hatte. Ein neuer Vorsitzender fand sich nicht, als Zwischenlösung wurden die Herren Hartung und Kempf zusätzlich in ein sog. “Abschussgremium” delegiert, was auf eine seinerzeit gute Vertrauensbasis und Zusammenarbeit zwischen den grünen und den grauen Jägern schließen lässt.
Mit Verfügung des RP Kassel vom 20.7.1970 an den Landrat des LK Fulda wurde dann – unter Berücksichtigung der vom Landrat eingereichten Vorschläge und im Einvernehmen mit dem Bezirks-Jagdbeirat und dem Bezirksjagdberater – die Neuabgrenzung des Rotwildgebietes “Gieseler Forst” vorgenommen. in dieser Verfügung wurde die Flächengröße mit rd. 31.600 ha angegeben.
Nach wiederholten Anregungen des Landrates berichtete der RP Kassel am 4.11.1971 an den Minister für Landwirtschaft und Umwelt, dass es sinnvoll erscheine, das Rotwildgebiet “Gieseler Forst” um einen Waldteil im Bezirk Darmstadt (FA Grebenau) in der Größe von ca. 1.000 ha, den das Land von dem Grafen Görtz angekauft hatte, zu erweitern. Zustimmend äußerte sich auch der RP Darmstadt in seinem Bericht.
Am 26.9.1972 lehnte der Minister diesen Antrag ab und schloss sich dabei den Argumenten der Stadt Schlitz, des FA Grebenau, des Landwirtschaftsamtes, des Kreisagrarausschusses und des Kreisbauernverbandes des Landkreises Lauterbach an, die sich gegen die Erweiterung des Rotwildgebietes “Gieseler Forst” in den Vogelsbergkreis ausgesprochen hatten.
Mit der Gebietsreform 1972 wurde der LK Hünfeld dem LK Fulda zugeordnet und der Landrat des LK Fulda als Rotwildbehörde für das Rotwildgebiet “Gieseler Forst” bestätigt. Die untere Jagdbehörde des Magistrats der Stadt Fulda entfiel.
In einer Verfügung der Bezirksdirektion für Forsten und Naturschutz in Kassel vom 19.3.1980 erfolgte im Einvernehmen mit der BFN in Darmstadt, sowie des Jagdbeirates und des Bezirksjagdberaters in Kassel eine Neuabgrenzung des Rotwildgebietes “Gieseler Forst”. Hierbei wurden die zwischenzeitlich eingetretenen Änderungen im Zuge der kommunalen Gebietsreform und die Neugliederung der Staatsforstverwaltung berücksichtigt. Die Zuständigkeit der Forstbehörden in den staatseigenen Jagden (untere Jagdbehörden) blieb dabei unberührt (§ 17 Abs. 2 Ziffer 3, letzter Halbsatz der DVO). Die tragbare Wilddichte für das Rotwildgebiet wurde mit Wirkung vom 1.4.1972 auf 2.0 Stück je 100 ha Waldfläche festgesetzt.
Seit dem 1.1.2000 ist die untere Jagdbehörde auch für die staatlichen Verwaltungsjagdbezirke zuständig. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden die Aufgaben und Befugnisse der Jagdbehörden für die Staatsforsten von den zuständigen Forstbehörden wahrgenommen.
Innerhalb der Hegegemeinschaft war das Verhältnis zwischen der privaten Jägerschaft und Forstbeamten lange Zeit gut und von gegenseitigem Vertrauen bestimmt. Gemeinsame Gesellschaftsjagden stärkten das gute Einvernehmen. Die starken Reduktionsabschüsse in den Kerngebieten in den 80er Jahren und nach den Sturmschäden ab 1990 wirkten sich nachteilig auf die Jagdmöglichkeiten in den angrenzenden Privatrevieren aus. Dies führte in den folgenden Jahren zu einer zunehmenden Konfrontation und zu Schuldzuweisungen zwischen den Gruppen wie auch innerhalb der Privatjäger.
Um den zur Hegegemeinschaft gehörenden Privatreviere möglichst ausgewogen eine Bejagung zu ermöglichen, wurde ein Gruppenabschuss geplant und festgesetzt. Hierzu wurden zunächst (1973) 8 Gruppen gebildet, 7 Gruppen für die Privatreviere und eine Gruppe für die seinerzeit 5 FÄ. Nachfolgend wurden die Privatgruppen zunächst von 7 auf 4 reduziert, ab dem JJ 2002/2003 gab es dann noch zwei Gruppen für die Privatreviere und je eine für die FÄ Neuhof und Fulda. Ab dem JJ 2011/2012 gibt es noch zwei Gruppen, eine Gruppe für die GJB, EJB und die verpachteten forstfiskalischen EJB und eine zweite Gruppe für die FÄ Fulda und Burghaun.
Derzeit umfasst das RWG eine Gesamtfläche von rd. 30.000 ha bei einer bejagbaren Fläche von 27.269 ha. Der Waldanteil beläuft sich auf 15.423 ha, das sind rd. 56% der bejagbaren Fläche.
Zur Hegegemeinschaft gehören (Stand 2017) 30 gemeinschaftliche Jagdbezirke, 3 private Eigenjagdbezirke, 13 verpachtete forstfiskalische Eigenjagdbezirke, sowie die Regiejagdflächen von Hessen-Forst der Forstämter Fulda und Burghaun.
Kempf/Köhler 15.12.2011