Veröffentlichung mit Genehmigung der Fuldaer Zeitung

Aus der Fuldaer Zeitung: Autor Stefan Herr

Stand:15.08.2024, 20:25 Uhr

Hilfe per Drohne: So retten Jäger in der Rhön Rehkitze vor dem Mähtod

Für manche ist Drohne fliegen ein Hobby. Die Jäger- und Gebrauchshundevereinigung Rhön-Vogelsberg setzt sie seit 2021 als Lebensretter ein – für Rehkitze und Kleintiere, die in Wiesen von Landwirten Zuflucht suchen. Vor der Mahd überfliegen sie die Wiese und entfernen die Tiere aus dem Gefahrenbereich.

Rhön – Frühmorgens, wenn der Tau noch auf den Gräsern liegt, beginnt für die ehrenamtlichen Kitzretter Anke Dorn-Kapfer und Mark Hüfner die Arbeit. Gegen 5 Uhr startet der hauptberufliche Forstwirt Hüfner die Drohne und sucht die Wiese nach Tieren ab, bevor der Landwirt beginnt sein Feld zu mähen.

So retten Jäger Rehkitze mit einer Drohne vor dem Mähtod

Bevor die Ricke Nahrung aufnimmt, legt sie ihr Kitz im hohen Gras ab. Sie entfernt sich ungefähr 100 Meter, trotzdem kann es gefährlich werden. Denn Kitze haben in den ersten drei bis vier Wochen keinen Fluchtreflex – sie bleiben liegen, selbst wenn Gefahr droht, beispielsweise durch das Mähwerk.

Im Morgengrauen startet Mark Hüfner die Drohne. © Anke Dorn-Kapfer

Landwirte sind daher verpflichtet, auf dem Feld vor der Mahd nach Tieren zu suchen. Ansonsten kann es teuer werden: Fällt ein Tier der Maschine zum Opfer, ohne dass das Feld nachweislich geprüft wurde, kostet es 6000 Euro.

Um sicherzustellen, dass sich keine Tiere auf dem Feld befinden, gingen Landwirte die Wiesen früher ab. Ebenfalls wurden Holzlatten in den Boden gesteckt, an deren oberen Ende eine Plastiktüte hing. Teilweise besprühten die Landwirte sie mit Geruchsstoffen. Das sollte die Tiere abschrecken. Effektiver und zeitsparender ist der Einsatz von Drohnen.

Das Bild der Wärmebildkamera (links) wird in der Drohnensteuerung angezeigt. © Anke Dorn-Kapfer

Seit zwei Jahren startet Mark Hüfner, Drohnenpilot der Jäger- und Gebrauchshundevereinigung Rhön-Vogelsberg (JGV), das 7000 Euro teure Gerät, um Kitze zu retten. „Wegen der Wärmebildkamera, die in der Drohne integriert ist, fliege ich entweder morgens, manchmal auch abends. Da die Außentemperatur dann niedriger ist, zeichnen sich die Tiere besser ab“, erklärt Hüfner.

Entdeckt er ein Tier auf dem Display der Drohnensteuerung, machen sich Dorn-Kapfer und zwei bis drei, vom Landwirt zur Verfügung gestellte Helfer, auf den Weg. Ausgestattet mit einer klappbaren Gemüsekiste gehen sie im Feld auf die Suche. „Dabei tragen wir Gummihandschuhe, damit keine Geruchsspuren am Tier hinterlassen werden, die die Rehkuh verwirren könnten, wenn sie ihr Kitz sucht“, erklärt die Jägerin.

Drohnenpiloten zwischen April und August unterwegs

Wurde das Kitz entdeckt, wird es in die mit Grasbüscheln ausgekleidete Plastikkiste gelegt. Diese wird außerhalb der Wiese platziert. Nach dem Mähen wird das Junge am Fundort freigelassen, damit die Ricke es wiederfindet.

Der erste Schnitt ist Ende April, Anfang August wird das letzte Mal gemäht. In diesem Zeitraum sind vier Drohnenpiloten für den JGV im ganzen Landkreis Fulda im Einsatz. 2024 hat Hüfner an 19 Tagen 37 Einsätze geflogen. Von insgesamt 323 Hektar aus dem Zuständigkeitsbereich hat er 300 Hektar abgesucht. Gerettet wurden 31 Kitze und vier Junghasen. Im Vorjahr waren es 25 Kitze und keine anderen Tiere.

Die Verantwortlichen legen das Kitz in eine mit Gras gepolsterte Plastikbox. © Anke Dorn-Kapfer

„In diesem Jahr sind wir für acht Landwirte geflogen – das sind doppelt so viele wie 2023“, freut sich Hüfner. Er und Dorn-Kapfer hoffen, dass es im nächsten Jahr noch mehr Anfragen gibt. „Dann haben wir noch mehr personelle Kapazitäten. Denn ich werde auch den Drohnenführerschein machen“, sagt Dorn-Kapfer euphorisch. Diesen benötigt sie, um die Drohne im landwirtschaftlichen Bereich selbst fliegen zu dürfen.

Was beide sich wünschen, sind freiwillige Helfer, die mit auf die Wiesen gehen, denn „ab und zu ist es nicht möglich, dass der Landwirt Familienangehörige oder Bekannte zur Verfügung stellt – denn oft sind alle während der Erntezeit anderweitig eingebunden“, sagt die Jägerin. Interessierte wenden sich per Mail an kontakt@jgv-rhoenvogelsberg.de.

Landwirt Christian Bug, Gründer des Vereins „Rehkitzrettung Osthessen“, ist zusammen mit drei Vereinsmitgliedern und Jäger Thomas Schiffhauer ebenfalls auf Rehkitzsuche gewesen. Er konnte dem Kleinen direkt in die Augen schauen.